Imaginationsreisen: Rauchwolf
Ich war 9 Jahre lang eine starke Raucherin.
Zudem habe ich eine "kräftige" Marke geraucht, ca. 1 ½ bis 2 Schachteln am Tag. Irgendwann fing ich morgens das röcheln an und mußte kräftig braun-schwarzen Schleim abhusten. Ich keuchte beim Treppensteigen wie eine Dampflok und hatte große Atemprobleme: Ich konnte meine Lunge nicht mehr vollständig mit Luft füllen, auch wenn ich noch so tief geatmet habe...
Meine Tiere sagten mir, daß es bald an der Zeit sei, das Rauchen aufzuhören.
Ich hatte davor große Angst, da ich mich sehr abhängig fühlte. Die Tiere empfahlen mir, einen guten Zeitpunkt zu wählen und diesen Zeitpunkt jedem meiner Bekannten, Familienmitglieder und Freunde mitzuteilen. Ich wählte den Tag meines mündlichen Abschlußexamens. Kurz vor diesem Zeitpunkt holten mich meine Tiere zu einer Reise ab:
...Ich befinde mich auf meinem Seelenfriedhof. Es ist heute sehr düster hier, Zwielicht herrscht. In einer Ecke, dort, wo meine ungelösten Probleme auf mich lauern, steigt Rauch auf. Panther erklärt mir, daß ich heute hier alleine arbeiten muß und verläßt mich. Ich spüre, wie sich mein Herz zusammenzieht und ich keine Luft mehr bekomme. Ich habe Angst, weil ich weiß, was dort auf mich wartet. Ich soll mich heute meiner Sucht stellen.
Ein sehr großer Schatten schiebt sich auf mich zu: es ist ein Wolf, ein riesiger Wolf! Er scheint ganz aus Rauch zu bestehen und ist fast so groß wie ich! In seinen Lefzen zittert ein blutiges Bündel. Es ist ein Perlhuhn, in das der Wolf immer wieder seine Fänge schlägt. Das Huhn lebt noch, ist aber völlig zerbissen und blutet aus unzähligen Wunden. Der Wolf knurrt mich an: "Siehst Du, was Du mit Deiner Lunge tust?" Ich spüre große Schmerzen in der Brust und bekomme noch größere Atemnot. "Laß bitte das Huhn los!", flehe ich den Wolf an, woraufhin der Wolf nur noch fester zubeißt, so daß ich zu ersticken glaube. "Nein! Du hast mich haben wollen", sagt er, "ich werde Deine Lunge erst loslassen, wenn ich es will."
Ich bin verzweifelt. "Was soll ich denn tun?", frage ich den Wolf, "ich will doch aufhören zu rauchen. Wirst Du dann gehen?" Der Wolf schüttelt das Lungenhuhn durch und faucht: "Ich werde nicht gehen. Du hast mich gerufen und mir Nahrung gegeben. Ich werde für den Rest Deines Lebens bei Dir bleiben. Aber ich bin zu einem Kompromiß bereit." Der Rauchwolf schlägt mir vor, daß er das Huhn aus seinem Maul freilassen wird, sobald ich keine Zigarette mehr rauche. "Ich werde dann hier bleiben. Das Huhn werde ich immer zwischen meinen Klauen halten. Solltest Du jemals in Deinem Leben wieder zu einer Zigarette greifen, werde ich Deine Lunge in Fetzen reißen und töten." Ich frage, ob ich irgendeine Chance habe, ihn überhaupt loszuwerden. Daraufhin meint er, je länger ich Nichtraucher aus Überzeugung wäre, desto kleiner würde seine Macht auf mich. Er würde jedoch mit noch größerer Macht und Kraft erscheinen, wenn ich auch nur daran denken würde, wieder anzufangen.
Ich bin mit dem Kompromiß einverstanden und erkläre dem Wolf, daß ich in diesem Leben keine Zigarette mehr rauchen werde. Daraufhin legt sich der Wolf neben dem Friedhofszaun und legt das zerschundene Huhn vor sich zwischen seine Pranken. Sofort spüre ich, wie der unsägliche Druck auf meine Lungen nachläßt und ich frei und leicht atmen kann. "Wie ist das mit den Entzugserscheinungen?", frage ich ihn noch, "ich habe Angst davor. Ich war doch fast 9 Jahre lang abhängig." Der Wolf antwortet: "Du wirst mit der richtigen Einstellung nicht ein einziges Mal Entzugserscheinungen haben. Du wirst Dich auch nicht in eine Ersatzsucht flüchten, denn ich bin für jede Sucht da. Bedenke das. Und jetzt gehe, es ist genug für heute." Ich bedanke mich bei dem Wolf und verabschiede mich für dieses Mal.
Am 03.09.´97, 18.00 Uhr habe ich meine vorletzte Zigarette im Beisein meines Freundes ausgedrückt. (Die letzte hängt auf rotem Samt gebettet im Wohnzimmer.) Unterstützend sollte ich das Buch "Endlich Nichtraucher" von Allan Carr lesen. Ich hatte weder Entzugserscheinungen, noch habe ich zugenommen oder mich in eine Ersatzsucht geflüchtet. Seit nun beinahe 3 Jahren bin ich wieder Nichtraucher und habe nicht ein einziges Mal ernsthaft daran gedacht, wieder mit dem Rauchen anzufangen. Meine Lunge ist fast vollständig geheilt und ich kann wieder frei und voll durchatmen. Mein Lungenhuhn darf jetzt schon frei auf dem Friedhof herumlaufen und der Rauchwolf ist sehr durchsichtig geworden und schläft. Er hat mir zuletzt gesagt, daß er eines Tages gehen werde.