Imaginationsreisen: Mißtrauensreise

Diese Reise hat Elisabeth erlebt und niedergeschrieben

Mein Verstandestier, ein Neandertaler, will die Zeit dieser Reise auf einer Wiese verbringen, weil es für mich wichtig ist, diese Reise ohne ihn zu machen.

Ich finde mich liegend in einem Raum wieder, der nach einer mittelalterlich eingerichteten Gesindekammer aussieht. Ich habe einen dicken Bauch. Mir wird bewußt, ich bin schwanger, anscheinend kurz vor der Entbindung. Um mich herum sind viele Leute, denen ich mißtraue. Ich erkenne, daß sie mir wirklich Böses wollen. Sie wollen mir mein Kind wegnehmen. Fast alle verlassen den Raum. Nur ein Wächter bleibt zurück. Ihm erzähle ich, daß ich auf die Toilette müsse und gehe auf den Hof. Ich laufe aber in den Wald und weiter.

Als man das Gehöft nicht mehr sehen kann, fühle ich, wie mir warmes Wasser an den Beinen hinunterläuft - die Fruchtblase ist geplatzt. Ich bin verzweifelt. Da fällt mir ein, daß im Wald ja eine Freundin von mir wohnt. Ein paar Schritte weiter sehe ich sie mir entgegenkommen. Sie hilft mir in ihr Haus. Dort bekomme ich das Kind. Die Frau versorgt mich danach. Aber ich habe noch keine Ruhe. Die Verfolger werden nicht ausbleiben. Die Freundin sagt, daß es in der freien Natur nicht ungewöhnlich ist, kurz nach der Geburt schon wieder alltäglichen Dingen nachzugehen. Sie rät mir, weiter zu fliehen; ihr aber nicht zu sagen, wohin. Sie will derweil die Spuren, die zu ihrem Haus führen, verwischen. Ich vertilge nun die Spuren der Geburt, nehme mein Baby in den Arm, ein kleines Bündel mit dem Nötigsten über die Schulter, und gehe weiter in den Wald.

Nach einer Weile finde ich mich übergangslos in einem Bauernhaus wieder. Darin ist es gemütlich, mit offenem Kamin. Eine Familie sitzt bei mir. Ich habe Angst, als Hexe verfolgt zu werden. Ich erkenne, daß der Mann mir nicht mißtraut. Seine Frau ist eine weise Frau, genau wie ich. Sie zeigt mir einen versteckten Raum im Haus. Hier wäre ich sicher. Ich habe Angst, daß das nur eine Falle ist. Ich höre, wie an der Haustür jemand klopft. Nun habe ich keine Wahl mehr. Die Frau schiebt mich in den Raum und schließt hinter mir die Tür. Ich traue mich nicht, das Licht anzumachen, aus Angst, daß dieses von außen gesehen werden könnte. Ich setzte mich in eine Ecke und verhalte mich still.

Dabei bin ich wohl vor Erschöpfung eingeschlafen. Ich schrecke hoch, als die Frau wieder zur Tür hereinkommt. Sie ist entsetzt, daß ich hier im Dunklen in einer Ecke sitze. Sie richtet mir mein Nachtlager, weil ich zu erschöpft bin; bringt mir noch etwas zu essen, falls ich noch einmal Hunger kriege, und nachdem sie mir versichert hat, daß die Verfolger weitergezogen sind, wünscht sie mir eine gute Nacht, und läßt mich allein. Ich verriegle die Tür von innen, stille noch einmal das Baby und lege mich dann mit dem kleinen im Arm schlafen.

Ich habe wirre Träume, zwischendurch wache ich auf und stille das Kleine. Aber am nächsten Morgen geht es mir trotzdem schon viel besser. Ich mache den Riegel auf und frühstücke. Die Frau kommt wieder herein. Sie freut sich, daß es mir besser geht. Dann erzählt sie, daß mein Mann da ist. Sie habe ihm nicht von meiner Anwesenheit erzählt, weil sie nicht wüßte, ob er auch zu meinen Verfolgern gehört. Hier wird mir bewußt, daß auch ich nicht weiß, ob ich ihm vertrauen kann. Ich fühle mich zwischen Hoffnung und Angst hin- und hergerissen, und weiß nicht, ob ich mich mit meinem Mann treffen soll.

Mein Elefant (Angsttier), den nur ich sehen kann, sagt, daß ich irgendwann vertrauen muß. Er sagt aber auch, daß ich nicht blind vertrauen, sondern in mich hinein hören soll. Ich fühle, ich kann nicht vertrauen. Ich frage, was ich hier lernen soll. Der Elefant sagt: Vertrauen. Ich stecke fest.

(Auf Anraten meiner Reisebegleiterin frage ich, ob ich mir selber vertrauen kann. Die Antwort lautet: nein. Bei einer Nebenreise wird dieses Problem gelöst.)

Nun habe ich das Gefühl, vor einer schwarzen, undurchdringlichen Mauer zu stehen. Ich lasse das Baby bei der Frau, zu der ich inzwischen Vertrauen gefaßt habe, und gehe zu meinem Mann. Er umarmt mich freudestrahlend zur Begrüßung, während ich eher kühl bin. Ich erzähle ihm, was inzwischen passiert ist, und daß ich nicht mehr weiß, ob ich ihm vertrauen kann. Er ist wie vor den Kopf geschlagen. Ich muß weinen und sage, daß ich ihm gerne vertrauen würde. Daraufhin erzählt er mir, was er inzwischen erlebt hat. Um ihm aber wirklich vertrauen zu können, lassen mich meine Tiere kurz mit ihm verschmelzen. Nun fühle ich, was er fühlt, und das Mißtrauen ist besiegt.

Ich führe ihn zu dem Baby und freue mich zu sehen, daß er es anfaßt und streichelt, wie etwas ganz besonderes. Ich weine vor Glück über die wiedervereinte Familie. Dieses Glück soll ich noch eine Weile genießen. Dann bin ich bei meinen Tieren. Ich bedanke mich, daß sie mich auf dieser Reise begleitet und geführt haben und verabschiede mich.

bin ein z. T. sehr blauäugiger, z. T. sehr mißtrauischer Mensch. Seit dieser Reise lerne ich, wie man vorsichtig zu jemand Vertrauen gewinnt, ohne sich einfach ins Risiko zu stürzen. Außerdem heilt seitdem eine uralte Wunde, von der ich hier aber nicht erzählen möchte.